nichtswieweg... vier Abenteurer unterwegs

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Unsere Zeit auf der Grande San Paolo
Reisebericht vom 22.07.2005 bis 29.08.2005, Überfahrt nach Südamerika
Highlights: Belgien, Spanien, Atlantik, Küste Westafrikas, Brasilien, Argentinien

Fünf Wochen lang ging die Frachtschiffsreise von Europa nach Argentinien. Unterwegs legte die Grande San Paolo verschiedene Zwischenstopps entlang der afrikanischen und südamerikanischen Küste ein, damit die Fracht gelöscht werden konnte. Für uns Passagiere hiess dies meist: Landgang! Aber auch auf dem Frachtschiff wurde es uns nie langweilig. Mit Bücher lesen, Sport, Walbeobachtungen und längeren Besuche auf der Brücke verflogen die Tage wie im Nichts. Und da waren ja noch die unterhaltsamen Abende zusammen mit der Crew ... Aber nun wie alles begann:

Als wir nach Antwerpen Richtung Hafen fuhren hatte ich ein etwas flaues Gefühl im Magen. Eine Reise mit einem Frachtschiff anzutreten war ein grosser Traum von mir, dennoch wusste ich nicht genau was mich erwartete. Was ist, wenn mir die ganze Überfahrt schlecht wird? Solche Fragen gingen mir plötzlich durch den Kopf. Aber nun war es sowieso zu spät und als ich die Grande San Paolo vor mir sah gingen meine Bedenken definitiv über Bord. Das Schiff ist riesig und relativ neu, da es erst vor zwei Jahren gebaut wurde. Die Kabinen sind zwar spartanisch eingerichtet aber man hat alles was man braucht. Zusätzlich gibt es einen kleinen Fitnessraum, Tischtennis, Tischfussball und einen Fernsehraum mit einer Couch. Über die mitgebrachten DVD’s waren wir sehr froh, wenn draussen nicht gerade Solarium-Wetter herrschte.

Die Crew war auch sehr nett und mit ihnen verbrachten wir viele gesellige Stunden. Mit Angelo und Rocco (Koch) freundeten wir uns am ersten Tag an. Vielfach kam Rocco am Abend zu uns und brachte uns noch etwas Leckeres aus seiner Küche mit. Toni, unser Butler, war der aufmerksamste Mensch welchem wir je begegnet sind. Er schöpfte uns meist solange, bis man mindestens dreimal nacheinander laut „Stopp“ gerufen hat. Erst dann liess er von uns ab. Und ich als Vegi hatte immer soviel Grünfutter auf dem Teller, dass ich die anderen fast nicht mehr sehen konnte. Neben uns waren dann noch drei weitere Passagiere an Bord, Irene und Gérard aus Frankreich sowie John aus Neuseeland. Irene und Gérard werden mit ihrem VW-Bus Suedamerika entdecken und John ist auf seiner Heimreise.

Vor unserer Abreise meinten viele: Was macht ihr bloss die ganze Zeit über? Ihr werdet vor Langeweile sterben…..Ich hatte es ganz anders empfunden. Nach dem ganzen Vorbereitungsstress war mir diese Auszeit willkommen und ich hatte für vieles Zeit, was ich zu Hause nicht mehr konnte, LESEN und einfach relaxen. Abends sassen wir jeweils auf Deck, erfreuten uns an den wundervollen Sonnenuntergängen, hielten Ausschau nach Sternschnuppen und genossen einfach den Augenblick bei einem guten Glas Wein. Eine willkommene Abwechslung bot uns der Aufenthalt in den Hafen. Dann beobachteten wir das emsige Treiben oder gingen, wenn möglich, von Bord. In Europa konnten wir in Bilbao (Spanien) an Land, in Afrika hingegen blieben wir auf dem Schiff. Dort machten wir dann auch bereits das erste Mal Erfahrung mit Korruption. Die Zollbeamten verlangten zum Teil so hohe Visumsgebühren, dass sie uns die Entscheidung über einen Landgang abnahmen. Es war jedoch sehr interessant, das ganze Geschehen vom Schiff aus zu beobachten.

Nach Afrika kam dann die grosse Überfahrt nach Brasilien, welche 5 Tage dauerte. Bei diesem Reiseabschnitt stand die Äquatorüberquerung auf dem Programm. Die Crew witzelte schon Tage zuvor und erzählte uns kleine Schauermärchen. Plötzlich ertönte das Schiffshorn in voller Lautstärke und jedermann wusste: „Jetzt kommen wir dran!“. Die Passagiere und Crew-Neulinge wurden zur Brücke zitiert, denn da hatte man schon alles für uns vorbereitet. Als alle Platz genommen hatten kam der Kapitän mit seinem Gehilfen: Kapitän Nemo. Mit einem Löffel wurde jedem (unfreiwilligen) Teilnehmer eine undefinierbare, übel riechende und klebrige Substanz über den Kopf gegossen, während Neptun mit lateinischen Floskeln jeden Einzelnen auf seinen neuen Namen taufte. Zur Freude der Crew wurden wir dann alle mit Feuerwehrschläuchen abgespritzt. Abends gab es dann ein riesiges Barbecue (eher Fressorgie) unter dem leuchtenden Sternenhimmel.

So vergingen auch diese Tage wie im Flug und schon war die Küste Brasiliens in Sicht. Endlich konnten wir wieder einmal an Land gehen, seit dem letzten Mal sind doch mehr als zwei Wochen vergangen. Ab jetzt ging es weiter wie auf einer Kreuzfahrt, ein Tag Landgang, ein Tag auf See.

Auf der Strecke von Salvador nach Vitoria hatten wir ein besonders schönes Erlebnis. Während gut 6 Stunden begleiteten unzählige Wale das Schiff. Immer wieder spritzten Fontänen in die Luft und sie tauchten ihre Schwanzflossen mit voller Wucht ins Wasser. Wir konnten uns von diesem Anblick gar nicht satt sehen. Immer wieder sprangen wir von der einen auf die andere Schiffseite, nur um nichts zu verpassen. Das war wirklich ein Wahnsinns-Erlebnis. Während der Reise schwammen Delphine neben uns, Schildkröten tummelten sich im Wasser und fliegende Fische flohen vor dem Schiff.

Danach stand ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm, Rio de Janeiro. Wir hatten grosses Glück, dass wir am frühen Morgen ankamen. So konnten wir den ganzen Tag die Stadt anschauen bevor es abends wieder weiterging. Wir besorgten uns für den ganzen Tag ein Taxi und fuhren als erstes mit der Seilbahn auf den Zuckerhut. Die Aussicht über die ganze Stadt war überwältigend. Danach ging es weiter auf den Corcovado, wo die San Cristophorus-Statue ihre Arme über die Stadt ausbreitet. Schlussendlich stand noch ein Besuch der weltberühmten Copacabana auf dem Programm. Unsere Männer konnten sich an den vielen Bikini-Schönheiten kaum satt sehen. Aber auch für Andrea und mich war etwas dabei. Beim Schlendern trafen wir dann noch ein paar Crewmitglieder und wir setzten uns an eine der vielen Strandbars und genossen einen Caipirinha. Dies war mein perfekter Tag. Nach Rio folgte Santos, die älteste Hafenstadt Südamerikas. Mit dieser verliessen wir nicht nur Brasilien sondern auch die heissen Temperaturen.

Nun waren wir nicht mehr weit von Buenos Aires entfernt. Das neue Klima machte sich nicht nur mit den kühlen Temperaturen bemerkbar, sondern auch mit stürmischem Seegang. Dass es immer einwenig schaukelte, daran haben wir uns gewöhnt. Was wir jedoch am anderen Tag erleben sollten, so etwas hätten wir uns nicht vorgestellt. Als wir am Morgen aufstanden gab es schon ziemlichen Wellengang und es regnete in Strömen. Heute war also nichts mit Sonnen auf Deck, deshalb stand ein DVD-Tag auf unserem Programm. Uns kam leider nichts Besseres in den Sinn als „der perfekte Sturm“ mit George Clooney anzuschauen. Am Nachmittag erreichten die Wellen dann bereits eine Höhe von ca. 6 Metern. Die Besatzung teilte uns mit, dass dies kein Problem sei. Nur ein paar Tage zuvor zeigte uns ein Offizier ein Photo von seiner Kabine, welche von einer 12 Meter Welle verwüstet wurde. Na ja, also davon waren wir ja weit entfernt und machten uns daher auch keine weiteren Gedanken. Gegen Abend legte dann der Wind zu und als wir nach draussen gingen, fiel uns das Atmen schwer.

Das Wetter wurde immer schlechter und die Wellen höher. Wir konnten nicht mehr normal gehen und schwankten von der einen auf die andere Seite. Jetzt konnten wir das Geländer wirklich gebrauchen. Als wir auf die Brücke gingen sahen wir in finstere Gesichter, kein einziges Wort wurde gesprochen. Es war wahrscheinlich besser wenn wir in die Kabine gingen und einfach hofften, dass dieser Sturm bald nachlässt. Doch dem war nicht so. Es schüttelte uns durch und im Bett drehte sich alles. Martin und Andrea gingen um 22 Uhr nochmals auf die Brücke und was sie da sahen, glich ähnlich dem Film „der Sturm“. Die Wellen brachen über die Container herein und das Schiff tauchte in die Wellen ein. Man teilte ihnen dann mit dass die momentane Wellenhöhe bei mehr als 10 Metern lag. Mir kam wieder das Photo der Offizierskabine in den Sinn. Na ja, etwas anderes machen als abwarten konnten wir nicht, aber an Schlaf war nicht zu denken. Zudem war da noch die Sorge um unsere zwei Autos. Nach einer ewig dauernden Nacht liess dann der Sturm gegen Morgen etwas nach. Die Crew munterte uns dann am nächsten Tag auf und meinte, dass wir ziemlich pflegeleichte Passagiere gewesen wären, 5 Wochen auf See und nie Seekrank. Tja, da hatten wir wohl ziemliches Glück.

Aufgrund verschiedener Umstände (weiterhin schlechtes Wetter, Stau am Hafen usw.) trafen wir schlussendlich mit drei Tagen Verspätung in Buenos Aires ein. Hier werden wir noch weitere 4 Wochen bleiben und unsere nächsten Reisepläne schmieden.