nichtswieweg... vier Abenteurer unterwegs

Fotos zu diesem Reisebericht
Gefahrene Route
Argentinien/Chile - Hasta el Fin del Mundo
Reisebericht vom 29.10.2016 bis 08.01.2017, Argentinien/Chile
Highlights: Purmamarca, Salta, Buenos Aires, Península Valdés, Cabo Dos Bahías, Bosques Petrificados (Santa Cruz), Puerto San Julián, Laguna Azul, Tierra del Fuego, Lago Blanco, Lago Fagnano, Ushuaia, Parque Nacional Tierra del Fuego

6700km von Purmamarca bis Feuerland, d.h. soviel wie vom heissen Norden in den windumstürmten, kalten Süden oder auch eine komplette Nord/Süd-Durchquerung Argentiniens. Entlang der wilden und schroffen Atlantikküste empfängt uns der Patagonische Wind und lässt uns bis Feuerland nicht mehr aus seinen Fängen. Immer wieder gibt es schöne und sehenswerte Abstecher abseits der Route, sei es zu den Magellan-Pinguinen oder auch zu den versteinerten Wäldern. Hauptziel ist und bleibt aber Feuerland mit seinem „Fin del Mundo“.

Unverhofft kommt oft (Argentinien)

Wie aufmerksame Leser sicherlich bereits mitbekommen haben, hinken wir mit unseren Reiseberichten zur Zeit ziemlich hinter her. Das liegt einerseits sicherlich an unserem Abstecher in die Antarktis, andererseits sind wir nun in unserem südamerikanischen Lieblingsland Argentinien angekommen, wo die Zeit zum Geniessen für uns einfach an erster Stelle steht.

Kaum haben wir Salta erreicht, steuern wir nicht nur unseren altbekannten Campingplatz (Balneario Carlos Xamena) an, sondern auch gleich den nächst grösseren Supermarkt. Hier fühlen wir uns sofort heimisch. Vertraute Produkte warten in den Regalen, Roger steuert gleich die Fleischtheke an und am Abend gibt es ein leckeres Asado, dazu ein feines Gläschen Argentinischen Rotwein. Jetzt könnte man fast schon sagen, wir sind zu Hause angekommen. Unserem zweiten zu Hause, wie wir immer so schön mit einem Augenzwinkern zu sagen pflegen. Dazu kommen die herrlich angenehmen Frühlingstemperaturen um die 30 Grad, sodass wir uns entschliessen, hier eine Weile zu bleiben. Wir möchten mal wieder ein bisschen länger an einem Ort verweilen, um die kulturelle Umgebungsluft tiefer einatmen zu können. Ha, wir haben einen grossartigen Plan und freuen uns richtig auf die kleine „Auszeit“.

Aber wie so oft - kommt es anders, als man denkt. Kaum haben wir mal wieder Internet, machen wir unserem soeben geschmiedeten Plan selber einen Strich durch die Rechnung. Wir buchen eine Last-Minute Antarktis Expedition, welche bereits in zwei Wochen von Ushuaia aus startet. D.h. wir befinden uns gerade ganz im Norden von Argentinien und Ushuaia liegt etwa 3‘500km (Luftlinie) im Süden. Da wir diese riesige Distanz nicht in so kurzer Zeit fahren können, müssen wir einen Teil davon fliegen. So kommt es, dass wir zusätzlich zu der Expeditions-Reise noch Flüge, Unterkünfte sowie einen Platz für unseren Duro organisieren müssen.

Unsere kleine Auszeit muss also bis auf weiteres verschoben werden und so fahren wir in zügigem Tempo ins 1‘500km entfernte Buenos Aires. Mit hervorragenden Windverhältnissen schaffen wir die Distanz gemütlich in 3 Tagen, da es auf dieser Strecke sowieso nicht viel zu sehen gibt und wir diese Gegend bereits von früher her kennen. Bei „Andean Roads Motorhome Rentals“ kann man nicht nur sein Fahrzeug einstellen, sondern auch campen. Etwas ausserhalb von Buenos Aires gelegen, ist das ein perfekter und sicherer Stellplatz, um die Millionenstadt zu erkunden. Für Sightseeing haben wir diesmal aber keine Zeit, da wir für die Antarktis-Tour noch ein paar Besorgungen machen müssen und wir am Ende unserer Südamerika-Reise sowieso nochmals nach Buenos Aires zurückkehren werden, um die Annehmlichkeiten dieser faszinierenden Grossstadt in aller Ruhe geniessen zu können.

Über unsere Expedition in die Antarktis werde ich jetzt in diesem Bericht nicht mehr näher eingehen, da wir darüber bereits ein Video sowie eine Fotogalerie erstellt haben.

Zurück in Buenos Aires (Argentinien)

Drei Wochen später und etwa 30 Grad mehr auf dem Thermometer erreichen wir wieder die Landeshauptstadt. Unsere dicken Ski-Socken und Polar-Jacken werden durch kurze Hosen und Flip Flops eingetauscht und unser Duro hat in der Zwischenzeit auch eine Verschönerungskur bekommen. Die durch den Unfall in Peru mehrfach beschädigte Stossstange wurde repariert und sieht jetzt wieder richtig schick aus. Auch werden wir hier bereits von den zwei Engländern Jenny und Gavin mit ihrer „Ruby Landy“ erwartet, wo es natürlich wieder Unmengen zu erzählen gibt, zumal die Beiden auch im Anschluss an Buenos Aires in die Antarktis starten. Wir geniessen noch ein paar Tage den idyllischen Platz zum Campen und die nette Gastfreundschaft von Chris, dem Besitzer von „Andean Roads“, bevor wir uns in die Weiten von Patagonien aufmachen.

PATAGONIEN ...

... das steht für kräftige Winde, Einsamkeit, Pampa soweit das Auge reicht, riesige Schafherden, bizarre Landschaftsformationen, türkisfarbene Gletscher-Seen, eisbedeckte Schnee-Berge und triefend nasse Regenwälder. Eine Region, der wir diesmal sehr viel Zeit widmen möchten, vor allem freuen wir uns auf den westlichen Teil Patagoniens entlang der Andenkette in Richtung Norden.

Península Valdés - leider ohne Wale! (Argentinien)

Mit der Península Valdés steuern wir unser erstes Ziel in Patagonien an. Diese Halbinsel ist berühmt für seine unzähligen Wale, welche jedes Jahr zwischen Juni und Dezember in die windgeschützten Buchten kommen um ihre Jungen zu gebären und die ersten Monate grosszuziehen, bevor sie sich auf den langen Weg in die Antarktis begeben. Wir sind leider sehr spät dran (zweite Woche Dezember) und die Hoffnung ist sehr klein, jetzt noch Wale zu sehen. Trotzdem fahren wir hin um uns die Halbinsel anzuschauen, aber ausser ein paar Delfinen und Pelzrobben bekommen wir kein weiteres „Wildlife“ zu Gesicht. Dafür werden wir mit traumhaften Übernachtungsplätzen, sommerlichen Temperaturen um die 38 Grad und spektakulären Sonnenuntergängen belohnt. Das alleine ist schon ein Grund, um hierherzufahren.

Von Pinguinen und versteinerten Wäldern (Argentinien)

Auf unserem stetigen Weg Richtung Süden unternehmen wir immer wieder kleine Seitenabstecher. Auf der „Ruta 1“, einer Panorama-Strecke entlang der schroffen Atlantik-Küste, gibt es nicht nur die putzigen Magellan-Pinguine beim „Cabo Dos Bahias“ zu sehen, sondern auch richtig schöne Pisten und gigantische Übernachtungsplätze. So kommt es auch, dass wir auf dieser Strecke unsere kleinste Tagesetappe mit gerade mal zwei gefahrenen Kilometern schaffen. Na ja, vielleicht liegt es auch daran, dass wir hier die zwei sympathischen Schweizer Maja und Peter treffen und uns nach 6 Stunden quatschen auf der Strasse, wieder zusammen an unseren Übernachtungsplatz begeben. Ein weiterer lohnenswerter Abstecher sind sicherlich auch die versteinerten Wälder von Santa Cruz, welche wir zwar auch schon von früher her kennen, aber uns unbedingt nochmals anschauen wollten. Mittlerweile gibt es hier ein richtig interessantes Museum mit viel Hintergrundwissen über die Entstehung der teilweise bis zu 65 Millionen Jahre alten Bäume.

Auf geht‘s nach Feuerland (Chile)

Aber unser hauptsächliches Ziel auf dieser Strecke ist sicherlich Feuerland oder was auf Spanisch viel schöner klingt „Tierra del Fuego“. Diese Insel ist zweigeteilt, der westliche Teil gehört zu Chile und der östliche Teil zu Argentinien. Während die chilenische Seite nur von ein paar Estancias mit Schaffarmen und zwei kleineren Ortschaften besiedelt wird, befindet sich der industrielle Teil der Insel auf argentinischer Seite. Wir möchten die kommenden Feiertage an unserem Lieblingssee verbringen, dem Lago Blanco. Dieser liegt auf der chilenischen Seite Feuerlands und so müssen wir heute über die Grenze. Die gleiche Idee wie wir, scheinen auch die Argentinier zu haben. Nicht, dass sie jetzt alle nach Feuerland übersiedeln würden, nein, die Argentinier fahren nach Punta Arenas um zu shoppen. Seit einigen Jahren und ein paar Inflationen in Argentinien hat sich das Blatt gewendet. Heute geht man ins günstigere Nachbarland Chile um einzukaufen und zu tanken, nicht mehr wie früher umgekehrt nach Argentinien.

So stehen wir mit gefühlten 100 argentinischen Fahrzeugen vor uns an der Grenze zu Chile. Der Patagonische Wind ist heute wieder böse, es stürmt, ist eisig kalt und schneit dicke Flocken vom Himmel. Wir warten uns Stunden in den Bauch und die schier endlos scheinende Schlange breitet sich aus bis vors Zollgebäude. Etwas Gutes hat aber die eisige Kälte, denn immerhin wird so unser 2kg Argentinisches Rindsfilet, welches wir über die Grenze schmuggeln müssen und so nicht im Kühlschrank transportieren dürfen, richtig schön gekühlt. Nach ein paar Stunden haben wir es endlich geschafft und es geht ab auf die Fähre, welche uns nach Feuerland bringen wird. Noch am selben Abend erreichen wir den „Lago Blanco“ und unser altbekanntes „Plätzli“, wo wir gemütlich zu Zweit und ein paar Guanacos die Weihnachtstage verbringen werden.

Unterwegs auf der chilenischen Seite Feuerlands

Vor ein paar Monaten haben uns andere Reisende gefragt, weshalb wir überhaupt nach Feuerland fahren würden, denn da unten würde es ja sowieso nichts zu sehen geben. Hmm, das kommt natürlich immer auf das Auge des Betrachters an. Hätte uns Feuerland auf unserer ersten Südamerika-Reise nicht gefallen, wären wir nicht nochmals hierher gekommen. Hier sieht man vielleicht nicht die spektakulären Highlights wie z.B. die Wasserfälle von Iguazu oder das Felsenmassiv des berühmten Torres del Paine N.P., vielmehr verstecken sich hier aber die kleinen Wunder und warten darauf, entdeckt zu werden. Selten haben wir so eine Tiervielfalt auf so kleinem Raum gesehen wie hier unten (von den Tropen mal natürlich abgesehen): Füchse mit ihren Jungen, Biber, Guanacos, Hasen, Andenkondore, winzige grüne Papageien und hey, es gibt sogar wilde Orchideen in Feuerland.

Wir erkunden diesmal vor allem den chilenischen Teil Feuerlands, welcher uns ehrlich gesagt auch einiges besser gefällt als der dicht besiedelte Teil Argentiniens. Mittlerweile gibt es eine Piste bis ganz hinunter zum Lago Fagnano, von wo aus wir luftlinienmässig nur noch 30km vom argentinischen Nationalpark „Tierra del Fuego“ entfernt sind. Aber da es hier im Süden keinen Grenzübergang gibt, müssen wir wieder nordwärts fahren und nehmen der guten alten Zeiten Willen den Passübergang „Paso Bellavista“. Was früher noch ein Abenteuer war (man musste eine Flussdurchquerung machen, welche doch einigen Fahrzeugen zum Verhängnis wurde), ist jetzt vorbei. Es gibt eine kleine Brücke und der früher sehr viel mehr wasserführende Fluss ist jetzt um einiges geschrumpft. Aber die Brücke nehmen wir immer noch nicht, für etwas fährt man ja einen 4x4 :-).

Alaska-Feuerland, wir haben es geschafft! (Argentinien)

Auf der argentinischen Seite Feuerlands angekommen, nähern wir uns nun meterweise unserem südlichsten, mit dem Fahrzeug erreichbaren Ziel, Ushuaia. Einerseits ein absolut tolles Gefühl, die ganze Strecke von Kanada/Alaska bis hier herunter gefahren zu sein, andererseits macht es einem auch ein bisschen traurig, denn obwohl es für uns gar kein Endziel ist, fühlt es sich doch ein wenig so an. Alaska - Feuerland lautet die Überschrift unserer jetzigen Reise und wir haben es geschafft, YIPPPIIIIII.

Fin del Año im Parque Nacional Tierra del Fuego (Argentinien)

Jetzt wird es definitiv Zeit, die Korken knallen zu lassen. Denn wir haben nicht nur das Ende der Welt und das Ende der Panamericana erreicht, sondern auch das Ende des Jahres. Zusammen mit Alex und Chrigu, zwei Reisefreunde welche wir bereits seit Kanada kennen, lassen wir es im „Parque Nacional Tierra del Fuego“ so richtig krachen. Es wird bis in die frühen Morgenstunden gefeiert, geplaudert, gelacht. Ein Sylvester der Superlative, der uns ewig in Erinnerung bleiben wird.

Ein emotioneller Moment am „Fin del Mundo“ (Argentinien)

Zu Viert nehmen wir nun die letzten Kilometer unter die Räder und rollen zum Endpunkt der „Ruta 3“ und der Tafel, wo alle Reisenden ihre obligatorischen „Fin del Mundo“ Fotos aufnehmen. Vor 11 Jahren standen wir hier schon mal und haben uns damals genau bei dieser Tafel die Frage gestellt, ob wir es wohl nach Alaska schaffen würden? Tja, Südamerika hat uns einfach zu gut gefallen und so haben wir uns entschieden, hier unten zu bleiben. Also lautet die Antwort: Nein! Diesmal hat es aber geklappt und wir sind überglücklich, dass wir nochmals die Möglichkeit bekommen haben, eine solch wunderschöne Reise zu machen. Zusammen mit Alex und Chrigu sowie unseren zwei treuen Reisegefährten „Cheverito“ und „Mogli“ positionieren wir uns vor der Tafel, holen den Champagner hervor und stossen an auf eine bombastische Reise und der erfolgreichen Durchquerung der beiden Amerikas.

Ein kleiner Zahlen-Rückblick

Und weil jetzt hier ein guter Zeitpunkt für ein kleiner Rückblick ist, gibt es noch ein paar Zahlen:
825 Tage haben wir von unserem Startpunkt in Halifax bis zum Erreichen von Ushuaia gebraucht und dabei
16 Länder durchquert und
760 Nächte in unserem Duro geschlafen.
80‘382 Kilometer wurden dabei zurückgelegt,
14‘654 Liter Diesel verbrannt,
93 Mal eine Zapfsäule aufgesucht und
CHF 11‘360 in Treibstoff investiert.

War‘s das jetzt - wie geht es weiter?

Obwohl wir jetzt eigentlich unseren südlichsten Punkt erreicht haben, bedeutet das aber lange noch nicht, dass unsere Reise zu Ende ist. Für uns heisst es jetzt noch einmal tief Luft holen, Anlauf nehmen und es geht wieder nordwärts in die Anden. Die nächsten paar Monate werden wir uns sicherlich noch in Chile/Argentinien aufhalten, Bolivien steht nochmals auf dem Programm, evtl. Brasilien, Paraguay und irgendwann werden wir uns dann mal gemütlich auf den Nachhauseweg begeben. Aber bis dahin gibt es noch viel zu entdecken und von uns zu lesen.

Hasta luego und bis gli!